Für die Zukunft des Zahntechniker-Handwerks ist es überlebenswichtig, nicht einfach nur zahntechnischen Nachwuchs zu fordern, sondern diesen dann auch zu fördern. Es reicht einfach nicht, alleine hervorragende Arbeit zu leisten. Besser ist es, wenn es jemanden gibt, der die eigene Philosophie teilt und genauso lebt. Wie es möglich ist, die eigene Handschrift weiterzugeben, zeigen Ztm. Haristos Girinis und seine Auszubildende Jenny Albrecht, die sich mittlerweile im dritten Lehrjahr befindet, in ihrem gemeinsamen Fachbeitrag.

Das Ziel eines Zahntechnikers ist es, Menschen zu ihrem schönsten Lächeln zu verhelfen, ohne zu offenbaren, dass irgendwo künstlich nachgeholfen wurde. Die hohe Kunst besteht darin, Verluste einzelner Zähne mittels Kronen zu beheben, die sich vollkommen unauffällig in ihre natürliche Umgebung einfügen. Die Rekonstruktion ganzer Kiefer ist aufwendig, der Zahntechniker dafür freier in der Farbgebung, da die einzelnen Zähne nur zu einander, nicht aber zu bestehenden Zähnen passen müssen.

Die größte Kunst besteht jedoch darin, all dieses Wissen an den Nachwuchs weiterzugeben und einem anderen Menschen die eigene zahntechnische Handschrift so zu vermitteln, dass keiner mehr erkennen kann, wer welche Arbeit erstellt hat. In diesem Fall steht eine Grundsanierung aller Zähne im Ober- und Unterkiefer an. Da der finanzielle Aufwand nicht zu unterschätzen ist, wurde hier zunächst nur der komplette Oberkiefer saniert sowie zwei Einzelkronen auf den Zähnen 34 und 35. Die restlichen Kronen im Unterkiefer sollen zu einem anderen Zeitpunkt folgen.

Ausgangssituation

Der Patient mittleren Alters kam in die Praxis mit dem Wunsch nach einer Vollsanierung seiner alten Metallkeramikkronen, die bereits zwischen 15 und 20 Jahre alt sind. Insbesondere störten den Patienten die Optik der Kronen, die an den Rändern bereits die metallenen Gerüste offenbaren (Q1). Auch das Zahnfleisch zeigte sich an einigen Stellen gereizt. Die Kronen wirkten zu glatt, zu wenig polychrom und insgesamt recht leblos. An erster Stelle stand zunächst die Erneuerung der Oberkieferkronen, der Unterkiefer sollte anschließend folgen. Da die Kronen auf den Zähnen 34 und 35 insuffizient waren, wurde deren Neugestaltung vorgezogen. Der Patient wurde zu uns ins Labor einbestellt, um die Ist-Situation fotografisch festzuhalten und seine Wünsche in punkto Form und Farbe zu besprechen.

Anschließend planten wir den Fall mit dem Behandler zusammen durch. Gewünscht und geplant waren einzelne Vollkeramikkronen sowie eine Vollkeramikbrücke in regio 13 bis 15. Auch im Unterkiefer sollten alle alten Kronen vollkeramisch ersetzt werden, zunächst aber nur die beiden insuffizienten Kronen 34 und 35.

Nachdem die alten Arbeiten entfernt und die Stümpfe fertig präpariert worden waren, formte der Zahnarzt die Situation mit Silikon ab und schickte uns diese ins Labor, sodass wir ein Gipsmodell generieren konnten. Schön zu erkennen sind die freiliegenden Präparationsgrenzen (Q2 und Q3), die uns ein exaktes Arbeiten erleichtern und ermöglichen.

Arbeiten im Team

Die Arbeit haben wir auf uns beide aufgeteilt. Jenny übernahm die Erstellung der Kronen für den Unterkiefer, die Oberkiefersanierung übernahm der Chef. So war es uns zum einen möglich, zeitsparend und effizient zu arbeiten.

Vor allem sehe ich es als meine Aufgabe als Ausbilder, darauf zu achten, dass die Arbeiten meiner Auszubildenden meine Handschrift tragen. Im Idealfall sollen sich also die von Jenny hergestellten Kronen nicht von denen unterscheiden, die ich hergestellt habe. Nur so kann ich eintreffende Aufträge guten Gewissens an sie weiterleiten. Zum anderen wir sind wir ein Team und unterstützen uns in allem gegenseitig.

Da wir ein Zwei-Personen-Betrieb sind, ist es wichtig, dass jeder alle Arbeitsschritte von der Stumpfvorbereitung bis zur finalen Politur der Restaurationen beherrscht. So haben wir die meiste Zeit parallel gearbeitet – während Jenny die Stümpfe des Unterkiefers vorbereitet hat (Q4), habe ich die Stümpfe des Oberkiefers vorbereitet (Q5 und Q6). Für Jenny bestand die große Herausforderung darin, komplett frei zu arbeiten, da der Gegenkiefer ja noch nicht fertig war. Sie musste sich an der Morphologie der Nachbarzähne orientieren.

Bei uns im Labor wird vorwiegend analog gearbeitet. Wir arbeiten also beide mit Flamme, Sonde und Gipsmodellen. Die Philosophie dahinter ist klar: Die Restaurationen werden additiv gestaltet, um das geistige Auge und die Vorstellungskraft zu schulen (Q7 und Q8). Unsere Hände ahmen so mit jedem Schichtauftrag das natürliche Wachstum der Zähne nach – so, wie eine Zahnform oder eine Kaufläche entstehen und wie diese in Funktion treten. Für einen Auszubildenden im dritten Lehrjahr macht Jenny ihre Aufgabe sehr gut und ich bin wirklich stolz auf sie und ihre Arbeit.

Nachdem Jenny die Kronen fertig aufgewachst hat, wird deutlich, wie harmonisch sich diese in die vorhandenen Strukturen einfügen (Q9 und Q10). Die Wachskronen werden mit einem 3,0er Wachs angestiftet und zum Pressen eingebettet (Q11). Nach dem Pressen und Ausbetten der beiden Kronen aus e.max Press (Ivoclar Viva- dent, Schaan/Liechtenstein) offenbaren sich die von Jenny bereits in Wachs fein gestalteten Kronenränder jetzt in der Vollkeramik (Q12) und es wird vollkommen klar, dass sich die Auszubildende der oralen Strukturen absolut bewusst ist und das Gelernte umzusetzen weiß.

Übergangslos schmiegen sich die Kronen nach dem Abtrennen an das Gipsmodell (Q13). Die leichten Pressfahnen werden noch versäubert und die minimalen Überkonturierungen mit dem Gummipolierer am Mikroskop millimetergenau abgezogen. Danach fügen sich beide Kronen genau da an, wo es die Präparationsgrenze für sie vorgesehen hat (Q14). Die Kontrolle mit der Aufpasspaste (Q15) beweist, was das Auge bereits erahnt hat – einen exakten Randschluss. Gleichzeitig sind die Innenflächen der Krone völlig druckfrei und lassen dem Befestigungszement ausreichend Platz.